Drake - Scorpion

„Binge Rapping“ beschreibt es vielleicht am besten. Anders lässt es sich kaum erklären, was Drake macht. So in etwa: Hast Du schon einmal von diesem Künstler aus Kanada gehört, Drake? Nein, was macht der? Binge Rapping! Und dann muss man eine kunstvolle Pause machen, die der Rapper in seinen Songs auch immer einbaut, um dann zu erläutern, was dieses erfundene Wort überhaupt bedeutet. Binge Rapping, umgangssprachlich für einen Song nach dem anderen veröffentlichen.

Drake ist ein musikalischer Superlativ. Das sind seine letzten drei Langspieler in Songs: 20 (Views), 22 (More Life) und 25 (Scorpion). Dazwischen liegen zwei (!) Jahre. Es gibt niemanden, der dem mittlerweile 31-Jährigen in dieser Hinsicht Konkurrenz machen kann. Dieses Binge Rapping schmeißt dann auch noch Songs raus wie Hotline Bling, Controlla, One Dance (Views) und Passion Fruit, Gyalchester, Get It Together (More Life). Auch in dieser Hinsicht gibt es derzeit niemanden, der dem Kanadier in die Quere kommen kann. Das neueste Album Scorpion macht es allen anderen nun außerdem fast unmöglich.

„How I go from 6 to 23 like I’m LeBron?“, fragt er auf Nonstop. Bei Sandra’s Rose wird er unmissverständlicher: „I am the chosen one, flowers never pick themselves.“ Kunstpause. Wenn Gott eine Blume pflücken würde, um sie jemandem zu schenken, er würde Drake pflücken - obwohl er ja auch LeBron James auswählen könnte, den wohl besten Basketballspieler nach Michael Jordan, den er übrigens ebenfalls pflücken könnte. Die Superlative, die Drake mit seiner Musik liefert, die fordert er in seiner Musik auch selbst ein: Hallo i bims, Drake, der Allergrößte.

Drake und Gott, das ist auf Scorpion eh so ein Thema. „I wanna thank God for working way harder than Satan“, rappt er auf Elevate. God’s Plan ist da noch etwas detaillierter. Drake singt davon, dass er ohne Gottes Hilfe einerseits nicht da wäre, wo er heute ist, er aber andererseits auch nur das umsetzt, was Gott für ihn vorgesehen hat - wo wir wieder beim Auserwählten wären. Sich selbst in den Himmel zu loben, ist normal im Rapbusiness. Bei Drake stimmts dann aber auch irgendwie. Denn wer kann seit diesem Sommer die Line auf God’s Plan nicht blind mitrappen? „She said: „Do you love me?“ I tell her only partly. I only love my bed and my mumma, I’m sorry.“

Eltern, Erziehung, selbst ein Vater zu sein, sind Themen, die sich mehrmals in den Songs auf Scorpion finden. Und natürlich sind auch die typischen Drake-Themen am Start: Liebe, ONS, Basketball, Toronto, Instagram. Bei den 25 Tracks halten sich auch die softeren R’n’B-Stücke und die Rapsongs die Waage. Wenn der Kanadier mit über 40 Millionen Follower*innen auf Instagram darüber sinniert, wie einsam er war und wie sein Herz geschmerzt hat, dann nimmt man es ihm ab, weil er das auf Summer Games so warm verpackt. Gleichzeitig ist dann da der wütende Drake wie auf Nonstop, der Grüße an die Hater schickt: „catch me ‘cause I‘m gone“. Beide Stile vermischen sich dann auf Songs wie auf Ratchet Happy Birthday. Drake singt verautotuned auf einem Piano-Beat, dem ein Sample von Busta Rhymes Break Ya Neck unterliegt. Das klingt bekloppt, funktioniert aber, Kunstpause, weil es eben Drake ist.

(Julian Beyer, eldoradio*)

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