Cover: Beach House - Depression Cherry

Wie klingt eine depressive Kirsche? Um es mit „The Verve“ zu sagen: „Bittersweet“. Das fünfte Album des Duos Beach House aus Baltimore reiht sich in den langsamen, düsteren Dream-Pop der Vorgänger ein. Wer da Angst bekommt, dass die beiden über den sphärischen Zustand zwischen Wachen und Träumen längst alles gesagt haben, der sei beruhigt: Es fühlt sich immer wieder neu an.

Seit zehn Jahren führen Sängerin Victoria Legrand und Gitarrist Alex Scally nun fantastische Texte und träumerische Melodien zusammen. Der Durchbruch kam 2010 mit „Teen Dream“ – als Beach House auf einmal in ganz gefragt waren und Shows in Locations fernab des kuscheligen Club-Charakters spielen durften, war für die beiden klar: Es hat sich was geändert. Die Hürde für das Folgealbum „Bloom“ war hoch und Beach House mussten lernen, dass das wehtun kann. Die Kritiken waren nicht annähernd so gut, der Erfolg geringer. Heute sagen die beiden: „Das war gut für uns.“ Mit dem neuen Album „Depression Cherry“ fühlen sie sich jetzt wieder in der richtigen Größe für ihre Musik angekommen. Die Shows sind wieder etwas kleiner, gerade intim genug, um die persönlichen Texte und expressiven Songstrukturen, die verworrenen Tagebucheinträge live mitzufühlen.

Anfang Juli kam der Vorbote „Sparks“ und hat eine Wende angekündigt: Die Gitarre dominiert über geloopten Vocals, der träumerische Charakter rückt in den Hintergrund. Auf einmal sind Beach House viel näher am „noisier“, das Schrammeln der Gitarre klingt nach Shoegaze. Jetzt ist das Album raus und der Opener „Levitation“ sagt uns: Ganz so weit entfernen sich Beach House dann doch nicht von dem, was war. „Levitation“ ist sanft, anschmiegsam und von Victorias warmer Stimme dominiert. Der Song schwillt von einem einzigen Ton an, zu einer gleichbleibenden Pop-Geschichte über die Liebe zwischen zwei Menschen. Angenehm gewöhnlich und durch seine Reduziertheit trotzdem spannend. Ein wiederkehrender Effekt auf „Depression Cherry“.

„Ich habe mich wie ihm Wahn gefühlt“ sagt Sängerin Victoria über den Moment, in dem sie das erste Mal die Melodie zum Song „Beyond Love“ gehört hat. „Aber es war ein guter Wahn.“ Es hat sich für sie angefühlt wie halluzinieren. „Der Moment, wenn du nachts wach wirst, aber irgendwie auch weiter träumst“, beschreibt sie und trifft damit genau das Gefühl, dass Depression Cherry ausmacht. Jeder Song auf dem Album fühlt sich intim an, nah und persönlich. Die ungewohnten Klang-Kompositionen und verworrenen Melodie-Linien verwirren zwar, aber auf eine gute Weise, die uns noch näher an die Songs heran trägt und viel eigene Interpretation zulässt. (Nele Posthausen)

RÜCKSCHAU

KW 35/2023
Slowdive Everything Is Alive
KW 34/2023
Genesis Owusu Struggler
KW 23/2023
Christine and the Queens ANGELS, PARANOÏA, TRUE LOVE
KW 06/2023
Young Fathers Heavy Heavy
KW 05/2023
King Tuff - Smalltown Stardust
King Tuff Smalltown Stardust

ARCHIV

WOCHE Künstler/Band NAME DES ALBUMS/SONGS MUSIKLABEL
KW 29/2019 Blood Orange Angel's Pulse Domino Records
KW 27/2019 Tyler The Creator Igor Columbia
KW 24/2019 Kate Tempest The Book Of Traps and Lessons Caroline
KW 22/2019 The National I Am Easy to Find 4ad/Beggars Group / Indigo
KW 20/2019 Rosie Lowe YU Caroline
KW 18/2019 Aldous Harding Designer 4AD
KW 17/2019 Stella Donelly Beware Of The Dogs Secretly Canadian / Cargo
KW 16/2019 Billie Eilish When We Fall Asleep Where Do We Go? Darkroom/Interscope Records
KW 15/2019 Yves Jarvis The Same but by Different Means Anti/Epitaph
KW 12/2019 Dave Psychodrama Neighbourhood