Albumcover

Mit der Vorabsingle New Song präsentieren sich die Psychedelic Rock-Mädels von Warpaint überraschend nah am Dream Pop. Der Song erzählt aber nur die halbe Wahrheit: Auf ihrem dritten Album Heads Up ist vieles neu, aber trotzdem typisch Warpaint.

New Song geht ins Ohr. Die Single ist eingängig, verspielt, ein bisschen zu fröhlich für das, was man von den vier Damen aus Los Angeles gewöhnt ist. Fans der Band Warpaint könnte das abschrecken, denn markante Merkmale der Gruppe waren die psychedelischen Ausflüge; die Kompositionen, die gar nicht komponiert wirkten, sondern wie eine große Jamsession; die düstere Atmosphäre im Großteil ihres Repertoires. Man darf beruhigt sein: All das gibt es auch auf Heads Up weiterhin zu hören. Doch letztendlich haben Warpaint immer wert aufs Tanzen gelegt, auf dem neuen Album wollen sie lediglich ein bisschen darin aufgehen. Und ja, die Vorabsingle deutet einen Stilumbruch an – trotzdem sind wir noch weit entfernt von Tegan & Sara-ähnlichen Pop-Eskapaden.

Auf Heads Up dominieren nun die Beats, die Four-to-the-Floor-Stampfer, die Discoexperimente, die bereits auf dem letzten Album im Song Disco//Very zu hören waren. Die erste Hälfte des neuen Albums ist dabei besonders tanzbar: So Good etwa stampft so befriedigend, dass man selbst nach den sechs Minuten Spielzeit noch weitertanzen möchte, und der Albumsopener Whiteout stellt Schlagzeugerin Stella Mozgawas Talent der komplex-simplen Beatkombinationen zur Schau. Nach ihrem Soloexkurs im vergangenen Winter ist Bassistin Jenny Lee Lindberg erfahrener und gesetzter und weiß, melodische und funkige Basslines gezielt einzusetzen – wie in der Hymne an die Freundinnen, By Your Side.

Die Musik von Warpaint hatte immer etwas rohes, dreckiges an sich, eine gesunde Egal-Attitüde, die sich auf den Groove ihrer Lieder ausgewirkt hat. Das hat sich trotz professioneller(er) Produktion und einer tighteren Band auch nicht geändert: Die zweite Hälfte des Albums widmet sich den mäandernden, psychedelisch-wirkenden Titeln, die so typisch Warpaint sind. Dre klingt insgesamt nach Slow Motion, mit industrieller Perkussion und verhaltenem Gitarrenspiel und Gesang von Emily Kokal und Theresa Wayman. Der Titelsong des Albums beginnt mit sanftem Klavier und mehrstimmigem Gesang, bis er dann in treibendem Indierock mündet. Lediglich die beiden letzten Lieder des Albums können leider nicht mit dem Rest mithalten: Above Control klingt ein bisschen zu sehr nach dem Vorgängeralbum und macht wenig neu, es passiert nicht viel – für Fans von Warpaint kein Beinbruch. Jedoch kratzt man sich beim Schlusstitel Today Dear ein bisschen den Kopf, wenn Warpaint mit Akustikgitarre und angestrengtem Gesang einen Folkeinschlag versuchen. Dennoch ist das wohl der Song auf dem Album, bei dem sich die Band am verletzlichsten zeigt und ihre Grenzen ignoriert.

Nachdem das Album Warpaint vor zwei Jahren bereits auf immensen Anklang in der Musikwelt gestoßen ist, hat sich die Band Warpaint gegen jede Erwartung gewehrt und sich unabhängig weiterentwickelt. Dass sie Neues ausprobieren wollten, zeigte sich nicht nur an dem deutlichen Tanzbarkeitspotential des Materials, sondern auch an der Art und Weise, wie die Aufnahmen durchgeführt wurden: Anstatt als Band gemeinsam im Studio zu stehen, haben sie alleine und einzeln ihre Parts aufgenommen. Diese Herangehensweise sorgt dafür, dass sich die Band trotz ihrer typischen Merkmale doch ganz anders und frisch anhört. Der Band steht der neue Sound – viel mehr Dream Pop als in New Song wird es sicherlich trotzdem nicht geben. Das ist aber auch in Ordnung. (Sebastian Seifert, CampusFM)

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