Albumcover.

Wer Kopfschmerzen hat, sollte nicht Alex Izenberg hören. Dessen Songs machen alles nur noch schlimmer. Denn der 24-jährige Sänger und Komponist liebt das Chaos: abrupte Wechsel in Rhythmus und Melodie, absurde Pausen und das in schwindelerregender Frequenz. Sein Debütalbum Harlequin ist mehr Fantasie als Musik.

Eigentlich müsste Alex Izenberg nur noch wenige Freunde haben. Die elf Tracks seines Debütalbums hat er nämlich in verschiedenen Räumen in Los Angeles aufgenommen – unter anderem in den Wohnungen seiner Freunde. Wahrscheinlich waren die verreist oder sie haben ein ganz, ganz dickes Trommelfell. Izenbergs elf Kompositionen auf Harlequin klingen verzerrt und verzogen. Der Sound erinnert an einen alten Plattenspieler, den jemand in ein Aquarium gestellt hat, und die Platte, die gespielt wird, hat auch noch einen Sprung. Anders sind die vielen Rhythmen und Melodien kaum zu erklären, die in den Songs willkürlich durchgemischt werden. Dazu sind die Töne der Streicher, Bläser und Gitarren schief wie beim Weihnachtskonzert einer Schulband.

Für den Komponisten haben die Songs ein Eigenleben. „Beim Schreiben der Titel habe ich mich gefragt, was braucht dieser Song von mir? Und dann habe ich ihm genau das gegeben“, sagt Alex Izenberg über sein Debüt. Was hat er den Liedern letztendlich gegeben außer ihrem eigenartigen Klang? Die Antwort ist: Fantasie. Izenberg verleiht jedem der elf Titel einen eigenen Charakter, der die Vorstellungskraft stimuliert. War dieser Effekt gerade tatsächlich da oder habe ich mich nur verhört? Hat da plötzlich ein ganzer Chor gesungen? Hilfe, warum klingt das denn so schief?

Hot Is The Fire beginnt wie ein Christmas Carol des Ratpacks um Frank Sinatra, entwickelt sich dann zu einem durch und durch rockigen Track und plötzlich ist da dieses nächste Überraschungsmoment, wenn das Spiel einer Harfe vor dem Refrain eine absurde Kunstpause schafft. Grace ist eine romantische Ballade mit eleganten Klavierparts und einem komischen Auto-Tune-Effekt im Refrain. Das passt klanglich nicht zusammen und genau so wird die Fantasie so sehr angeregt.

Das Label von Alex Izenberg heißt passenderweise Weird World Record. Dort wird Harlequin angepriesen als „eine unruhige, fiebrige Traumsequenz, die Scott Walkers stumpfe, außergewöhnliche Klangwelten, Simon and Garfunkels psychedelische und doch praktische Streicher-Arrangements, den vaudevillischen Pomp des frühen Materials von Wild Beast und Grizzly Bears pastorale frühe Schritte aktiviert“. So verrückt sich das liest klingt das Album wirklich, weil im Kopf seines Machers ein großes Chaos herrschen muss. „Es reflektiert einfach, wie ich mich zu der Zeit gefühlt habe“, sagt Alex Izenberg. (Julian Beyer, eldoradio*)

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