Cover: Son Lux - Bones

Aus eins mach drei: Son Lux aka. Ryan Lott bekommt Zuwachs. Die bisherigen Tourmusiker, Schlagzeuger Ian Chang und Gitarrist Rafiq Bhatia, sind nun Vollmitglieder der Band. Und wer die schon einmal in dieser Konstellation live bewundern durfte, wird beipflichten: Eine richtig gute Entscheidung. In other news: Ein neues Album gibt es auch. „Bones“ bewegt sich, wie schon der Vorgänger „Lanterns“ im Spannungsfeld zwischen pompös und zurückgenommen. Und bleibt dabei wieder einmal undefinierbar irgendwo zwischen Pop und Elektro, Indie und Hip Hop.

Eigentlich ist also alles wie immer: Son Lux lassen sich nicht festnageln auf einen Stil, alles ist abstrakt, Avantgarde, abgefahren. Eingerahmt wird der Hauptteil des Albums vom Intro „Breathe In“ und – wenig überraschend – dem Outro „Breathe Out“, einer dramatischen Synthieballade mit Orchester-Ambitionen. Was dazwischen aufgefahren wird, in einem Atemzug abzuhandeln, funktioniert erwartbarerweise nicht wirklich. Also Step by Step.

Knallen tut es mit dem richtige Opener. „Change is everything“ ist ein richtiges Brett und passend auch die erste Single vom Album. Sorgsam gesetzte Singaltöne irritieren zunächst und leiten den vor Spannung bebenden Beat ein, der sich in regelmäßgen Abständen in fetten Bassdrops entläd. Nahtlos leitet Son Lux über, in das nur auf den ersten Eindruck etwas gemächlichere „Flight“. Der Song zeigt mit allerhand Beatvariationen, Choral-Gesängen und Brüchen schnell, wie Unübersichtlichkeit abermals das Stilmittel der Wahl ist. Absolutes Highlight der Platte ist schließlich „You don’t know me“ mit einem dreckig-gemeinen Clap-Beat der mit allerlei Dissonanzen aufwartet, bevor es in der Bridge abermals sehr groovy gerät. Der Song erinnert dabei sehr an „Easy“ vom letzten Album und steht der Band sehr gut zu Gesicht – irgendwie dissonant, irgendwie anstrengend und deswegen umso genialer.

Wenig später dann „Undone“, das mit seiner dynamischen instrumentalen Untermalung anfangs entfernt an Radiohead erinnert, bevor im Ausklang sämtliches Tempo durch wohltemperierte Gitarren abgedämpft wird. Diese Entwicklung innerhalb des Songs wird dann ins spannungsgeladene „White Lies“ mitgenommen, mit punktueller Klavierbetonung über einem schleppenden Synthie-Beat. Doch auch hier kommt die Kehrtwende. Wenn der Song nach knapp vier Minuten Laufzeit unter allerlei Gekreische auf einmal in eine Industrial-Rave-Orgie abdriftet, die abermals die richtig dreckigen (in diesem Fall auch technoiden) Son Lux ausbrechen lässt.

Die beruhigende Konstante auf „Bones“ ist Ryan Lotts ungewöhnliche Stimme. Sie ist soulig, flehend, androgyn und dieses Mal noch regelmäßiger unterstützt durch verschiedenste Gospel-Chor-Arrangements oder Verzerrungen („This Time“, „Now I Want“).
Mit zwei Fragen bleiben wir nach knapp 40 Minuten „Bones“ zurück. Erstens: Klingt das Album für den erfahrenen Son-Lux-Hörer weniger abgefahren, weil man sich so an den Sound und die Ausbrüche in alle Richtungen gewöhnt hat? Wahrscheinlich. Spannend ist „Bones“ wie erwartet trotzdem auch ohne absoluten Überraschungsmoment. Und Zweitens: Wie lange dauert es wohl, bis die neuen Songs genau wie beim Vorgänger „Lanterns“ als „Alternative Worlds“-Remix-EP erscheinen? Denn das würde spätestens für die anstehenden Live-Shows interessant, bei denen Lott und Konsorten bekanntermaßen mit energetischer Destruktivität von den Songs nicht besonders viel übrig lassen. „Bones“ liefert dazu mehr als genug Ansatzpunkte und vor allem neues, vielversprechendes Material. (Paul Crone)

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