Cover: Empress Of - Me

Lorely Rodriguez fabriziert auf ihrem Debüt-Album als Empress Of eine echte One-Woman-Show. Wirklich alles von Selbstverständlichem wie dem Songwriting bis hin zu nicht mehr Alltäglichem wie Aufnahme und Produktion hat sie selbst in Angriff genommen. Und das nicht etwa umringt von helfenden Händen in ihrer Wahlheimat New York, sondern während einer längeren Auszeit in Mexiko.

Der Trip in den Süden steht hier durchaus als Vorbote für das, was der Album-Titel bereits erahnen lässt: Nicht nur, dass Rodriguez die Weltstadt New York hinter sich lässt und sich geographisch Honduras, der Heimat ihrer Eltern annähert; auch inhaltlich ist „Me“ eine Abkehr von der großen Welt. Rodriguez erzählt von ihrem Leben, manchmal eher allgemein, oft seziert sie aber auch einzelne Episoden haarklein. Ob nun Beziehungen, Sex, Trennungen, persönliche Enttäuschungen, für alles scheint sie die richtigen Worte zu finden und bedient die gesamte Klaviatur von direkt (‚When I'm lying next to you / I'm making love to myself‘) bis kühl reflektierend (‚I've been living below the standard‘). Mit „Water Water“, das einem mit seiner Kernaussage ‚Water Is A Privilege‘ die Augen öffnen will, scheinen selbst Eindrücke aus der Zeit in Mexiko in Rodriguez‘ Agenda eingeflossen zu sein. 

Doch im Gegensatz dazu sprudelt das Album vor Einfallsreichtum und Explosivität nur so über. Dass hier nur eine einzige Person beteiligt war, kommt dem Album zu Gute. Denn Stück für Stück erkennt man, wie Rodriguez die einzelnen Elemente sorgfältig übereinander gestapelt hat. Hämmernde Synthies, bunte Soundteppiche, verdammt eingängige Melodieversatzstücke  und nicht zuletzt ihr eindringlicher Gesang machen „Me“ zumindest im Ansatz zu einem Album für den Dancefloor. Doch es ist viel zu schlau, alleine dafür herzuhalten. Seine Konstruktion ist immer noch so luftig und letztlich unberechenbar, dass die Ästhetik des Experimentellen erhalten bleibt. 

So ist das Faszinierendste an „Me“, dass es sich zu jeder Zeit greifbar einen DIY-Charme erhält, der gewiss vermuten lässt, dass hier kein abgezockter Profi am Werk ist. Daneben hält es gleichzeitig extrem poppige, tanzbare Beats bereit. Beide Komponenten getrennt gibt es wie Sand am Meer, doch Rodriguez führt hier gekonnt diese normalerweise eigentlich nur schwer miteinander zu vereinbarenden Welten. Von Yo La Tengo bis Katy Perry und wieder zurück, herrscht am Ende Gewissheit, dass man keine Kompromisse eingehen muss, um sich selbst zu finden. (Felix Lammert-Siepmann)

RÜCKSCHAU

KW 35/2023
Slowdive Everything Is Alive
KW 34/2023
Genesis Owusu Struggler
KW 23/2023
Christine and the Queens ANGELS, PARANOÏA, TRUE LOVE
KW 06/2023
Young Fathers Heavy Heavy
KW 05/2023
King Tuff - Smalltown Stardust
King Tuff Smalltown Stardust

ARCHIV

WOCHE Künstler/Band NAME DES ALBUMS/SONGS MUSIKLABEL
KW 04/2017 Bonobo Migration Ninja Tune
KW 40/2015 Julia Holter Have You In My Wilderness Domino Records
KW 06/2016 Porches Pool Domino Records
KW 29/2019 Blood Orange Angel's Pulse Domino Records
KW 46/2014 Hookworms The Hum Domino Records
KW 21/2015 Hot Chip Why Make Sense? Domino Records
KW 18/2016 Higher Authorities Neptune Domino Records
KW 31/2015 Ducktails St. Catherine Domino Records
KW 31/2016 Blood Orange Freetown Sound Domino Records
KW 48/2014 Dean Blunt Black Metal Roughtrade Records