Cover: Ariel Pink - pom pom

Diese pinke Zuckerwatte ist so süß, sie weicht dir den Gaumen auf, bohrt sich in deine Zähne und hinterlässt den dumpfen Schmerz der Ahnung, dass das Leben nicht immer nur aus Freudenstunden besteht. Fröhliche Stimmlage zu fies ironischem Text, Kinderkichern und Melodien wie aus dem Nimmerland - so schafft es Ariel Pink uns an sich zu reißen ohne auch nur ein Detail aus seinem Leben zu verraten.

Pom pom ist das dritte Album, das der überdrehte Typ mit der grell-pinken Pony-Frisur auf 4AD veröffentlicht. Statt sich damit jetzt so langsam mal auf ein Genre festzulegen, rast Ariel Pink aber noch hektischer durch 60er Surf-Pop, Noise, schräge Disco-Sounds und irgendwas das man als "Happy Wave" bezeichnen müsste. Keine Schande, wenn das verschreckt. Wer sich die heftige Sound-Mischung aber 17 Songs lang geben kann, der kommt am Ende vielleicht zur ein oder anderen Erkenntnis über die Freiheit von Pop-Musik.

In Songs wie dem Opener "Plastic Raincoats In The Pig Parade" packt Ariel Pink die Textkunst eines Adam Green aus, malt psychedelische Bilder von Nächten auf Kokain in Tokyo oder Arkansas oder wo auch immer, auf jeden Fall nicht in der Welt der Normalsterblichen. Wer hier auf Ariels Trip kleben bleibt, könnte hervorragend direkt zu Titel 10 oder 16 weiterskippen. Allesamt sind sie aus dem zuckersüßen Guss einer Kinder-TV-Show auf harten Drogen. Die Nummer 16 mit dem schönen Titel "Exile On Frog Street" ist dazu noch durchzogen von Frosch-Sounds und düsteren Sprech-Einsätzen, die zur wavigen Seite von pom pom passen.

Diese düstere Wave-Welt steht auf dem Album im harten Kontrast zum Kinderchor-Klang der Happy-Tracks und lässt uns Ariel Pink mit Songs wie "Lipstick" wieder ernst nehmen. Der Song klingt nach den grusligen Nebenstraßen einer Großstadt, erzählt von einem abgedrehten Mörder, der seine Opfer in der Dunkelheit ausspäht. Aber am Ende des Titels fragt Ariel Pink "Who Am I? What is this?". Fragen, die wir uns durchaus in seiner Welt vorstellen können. Vielleicht echte Selbstzweifel und die Frage nach der eigenen Identität. Es wäre zu hoffen, denn dann würden wir auf pom pom noch die Spur eines echten Menschen hören, etwas von Ariel Pink erfahren. Hauptsächlich dürfen wir sonst aus dem Album bloß schließen, dass auch er mal bei Angebeten abgeblitzt ist ("Put Your Number In My Phone") und eben auf harten Trips durch fremde Städte turnt.

Pom pom ist kein Album, dass man nebenbei durchlaufen lassen kann. Es ist ein anstrengendes Auf und Ab, vollgestopft mit Klang-Eindrücken aus der realen wie elektronischen Welt. Vielleicht hätte es der Platte deshalb gut getan, sie in drei EPs zu splitten: Eine dahersäuselnde Indie-Ausgabe auf der Ariel von unglücklichen Liebschaften trälltert, eine Ausgabe mit schrägen Pop-Songs, die vor lauter Glück wehtun und eine Düster-EP, die ihren Platz im Plattenschrank jedes 80s-DJs fände. (np)

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