Cover: Telegram - Operator

Telegram sind keine Band, die sich einem Label unterordnen. Mit irrwitziger Geschwindigkeit hat die Gruppe in ihrem ersten Jahr Songs veröffentlicht, Konzerte gespielt und sich einen Hype erkämpft– nächster Schritt: das Debütalbum. Doch ihr Label brauchte zu lange. Also haben Telegram selbst eines gegründet und veröffentlichen ihren ersten Longplayer Operator per Crowdfunding  unter dem eigenen Label „Gram Gram“.

Die ersten Schritte machte das Londoner Quartett 2013, als sie ihren ersten Song „Follow“ veröffentlichten. Das Schrammelwunder geht nach vorne wie damals The Strokes und brachte Telegram sofort auf den Radar. Stakkato-Gitarren und Stolperschlagzeug gepaart mit dem britischen Charme der Truppe im 70s-Look sorgten für Anziehungskraft pur. Nach und nach zauberten sie weitere Tracks hervor, die Indierock-Fans den Mund wässrig machten. „Inside-Outside“ oder das breitflächige „Aeons“ sind auf Operator genauso vertreten wie die Debütsingle „Follow“ und markieren wie Zentimeterangaben im Türrahmen die Entwicklung der weiser werdenden Band. Geblieben sind die lauten und flächigen Schrammelgitarren und die fast schon poppigen Chorgesänge, verändert hat sich höchstens die Struktur der Songs. Sie wirken durchdachter und nicht wie im Schnelldurchlauf zusammengewürfelt: immer noch roh – und wie! –, aber irgendwie veredelt.

„Rule Number One“ ist der Opener des Albums und haut so rein wie fast jeder der nächsten elf Tracks der Platte. Immer auf die Zwölf mag zugegebenermaßen beim ersten Mal hören etwas abschrecken. Wenn sich Telegram jedoch im Kopf festsetzen und man nicht mehr umher kommt, diese schräge Mischung aus den Strokes und Roxy Music mit mehr Fuzz auf der Gitarre sympathisch zu finden, ist Operator endgültig angekommen. Live dürften die Jungs ohnehin überzeugen, Tracks wie „Regatta“ oder „Godiva's Here“ haben mindestens so viel Headbang- und Moshpit-Potenzial wie ein Foo-Fighters-Album. Dass das Album offensichtlich ohne Metronom für den Drummer aufgenommen wurde, spricht für die Band. So werden die Songs mal schneller, mal langsamer, doch irgendwie gehört das dazu – man kann es als aufgeregten Herzschlag der Platte sehen.

Operator ist ein Album, das den relativ kurzen Werdegang einer Band darlegt, die einfach machen und nicht warten will. Telegram wirken in ihrem Retro-Chic trotz allem wenig retro. Selbst wenn sie sich mit ihren Outfits wie Karikaturen der 70er wirken und Einflüsse wie Brian Eno und Syd Barrett deutlich zu hören sind, klingt die Musik eigenständig und fast schon homogen. Einfach wie die Musik einer Band, die weiß, was sie will. Und sie scheint viel zu wollen: Bevor das Album überhaupt fertig war, deutete Sänger und Gitarrist Matt Saunders an, nach dem ersten Album direkt das zweite aufnehmen zu wollen. Trotzdem sollte man Operator die Zeit geben, sich zu entfalten – es lohnt sich. (Sebastian Seifert | Campus FM)

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