Albumcover

Wer Hamburg Demonstrations kauft, erhält nicht die Katze im Sack. Peter Dohertys neueste Scheibe klingt so, wie er immer klingt: ein bisschen gemurmelt, emotional und rockig. Allein die großen Hits fehlen, aber dafür bekommt man etwas viel Besseres.

Fuck Forever und Delivery mit der Band Babyshambles, Up The Bracket und Gunga Din mit The Libertines – Peter Doherty hatte auf seinen vielen Alben immer mindestens einen dicken Song. Ein Lied, dessen Melodie sich im Ohr festsetzt und so schnell nicht mehr rausgeht. Auf seinem zweiten Soloalbum nach der Veröffentlichung von Grace/Wastelands in Jahre 2009 fehlt ein solcher Hit. Hamburg Demonstrations kann man im Auto viermal hintereinander hören, einen Ohrwurm bekommt man am Ende nicht. Der Brite hat kein massentaugliches Album produziert, sondern elf Lieder aufgenommen, die persönlich und vertraut wirken.

„Oh my, Amy, you won’t be coming down tonight“, singt Doherty in der träumerischen Ballade Flags From The Old Regime für seine Freundin Amy Winehouse. Hell To Pay At The Gates Of Heaven ist ein Rocksong, der an die Terroranschläge von Paris erinnert. Den letzten Track des Albums She Is Far schrieb Doherty bereits vor seiner Libertines-Zeit (1997 bis heute), veröffentlichte ihn aber bis jetzt nicht.

Der britische Guardian lobt Doherty für seinen Wechsel vom Mainstream zum Alternative Rock. Tatsächlich ist Hamburg Demonstrations ein Songwriter-Album, das nach einem Musiker klingt, der sonntags mit Gitarre in einem Pub im Londoner Süden sitzt und intime Geschichten erzählt. Bei solchen kleinen Konzerten läuft aber nicht immer alles nach Plan. So persönlich Dohertys zweites Album ist, so chaotisch ist es auch. 

Den Song I Don’t Love Anyone (But You’re Not Just Anyone)gibt es gleich zweimal auf dem Album: einmal als ruhige, fast schon lahme und auch als rockige Version. Es ist eine Liebeserklärung, in der Doherty ein absurdes Sample des amerikanischen Kriegsliedes When Johnny Comes Marching Home aus dem 19. Jahrhundert versteckt - eine Melodie, die in England von vielen Fußballfans verwendet wird. Auf A Spy In The House Of Love hat Doherty sogar Out Takes und Demoaufnahmen eingebaut. „Yeah, I know, Johann, Johann! It’s not happening. What the fuck?“, schreit er da. Gemeint ist Johann Scheerer, Chef der Hamburger Cloud-Hill-Studios, in denen Doherty über sechs Monate lang sein Album aufgezeichnet hat. Nach den Studiosessions ist er übrigens regelmäßig in die Kulturbar Golem spaziert und hat unangekündigte, kleine Konzerte gespielt. 

(Julian Beyer, eldoradio*)

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