Cover: Panda Bear - Panda Bear Meets The Grim Reaper

Animal Collective, allen voran Panda Bear und Avey, sind überall. Es vergeht kein Jahr, in dem die Truppe nicht von sich reden macht, darüber hinaus sind sie inzwischen gleichsam zu einer eigenen Marke geworden, an der sich viele andere zwangsläufig messen lassen müssen. Dass diese (Über-) Präsenz keine Abnutzungserscheinungen hervorruft oder die Musikwelt sonst irgendwie nervt, hat neben dem Offensichtlichen – ein enttäuschendes Album ist immer noch nicht in Sicht – auch noch subtilere Gründe: Animal Collective bleibt angenehm bescheidenheit und unaufgeregt.

Nun ist also wieder Noah Lennox alias Panda Bear an der Reihe und setzt mit dem Opener „Sequential Circuits“ durchaus eine Überraschung. Kirchenorgel und fast sakraler Gesang sorgen für eine extrem unheimliche, da untypische Stimmung und lassen vorerst alle Erwartungen wie ein Kartenhaus einstürzen. Der Grim Reaper, der Sensenmann, ist beschworen und der weitere Weg eigentlich vorgezeichnet – eigentlich. Denn ganz im Gegensatz Titel und Opener wandelt Lennox wie in der Vergangenheit auch hier größtenteils auf lichtdurchfluteten Pfaden, auf denen die lyrische Ebene schnell zur Nebensache wird. Schon aus der folgenden Vorab-Single-„Mr Noah“ bricht die Euphorie ungezügelt hinaus: Fröhlich hallender Gesang, übersprudelnde Instrumentierung und nicht zuletzt traumwandlerisches Gespür für Melodien ziehen sich ab hier durch „Panda Bear Meets The Grim Reaper“, schlagartig erstrahlt das Album in allen Farben des Regenbogens. Die unumstößliche Vertrautheit, die niemals repetitiv ist und der man sich nur schwer entziehen kann, ist allgegenwärtig. Nicht erst seit gestern ist Noah Lennox ein Meister im Errichten dieser Struktur.

Vieles kommt damit dem einfachen, aber zutiefst erfüllendem Leben nahe, das er vor sechs Jahren auch schon im „My Girls“ so großartig prägnant beschrieb. Überhaupt kommt dieses Album Animal Collectives „Merriweather Post Pavilion“ in vielerlei Hinsicht so nah wie keine andere Veröffentlichung der Clique um Noah Lennox und Avey Tare danach. Bis ins letzte Detail ausgetüftelt und für diesen Mikrokosmos nahezu perfekt produziert, behält es dennoch zu jedem Augenblick sein warmherziges, pittoreskes Eigenleben bei. Auch bei Ansätzen mit vordergründig dunklerem Anstrich wie „Boys Latin“ und „Tropic Of Cancer“ schimmert diese Haltung immer noch mehr als deutlich durch. Sie tragen einfach dazu bei, dass „Panda Bear Meets The Grim Reaper“ etwas getragener erscheint als seine Vorgänger.

Erwachsener jedoch wäre der falsche Ausdruck; Noah Lennox hat sich seine spielerische, kindliche Leichtigkeit nach wie vor erhalten. Er saugt alles auf, was nicht niet- und nagelfest ist, mischt seine berühmten Loops kräftig mit Hip-Hop- und Elektro-Anleihen und kleidet das Ergebnis in den einzigartig blubbernden Dub-Anzug. „Panda Bear Meets The Grim Reaper“ macht auf allerhöchstem Niveau dort weiter, wo seine Vorgänger aufgehört haben. Dass Lennox nach 15 Jahren noch mitreißend wie am ersten Tag und gewichtig wie selten zuvor klingt, ist daher fast überflüssig zu erwähnen. (fl)

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