Cover: Oracles --  Bedroom Eyes

Ob sie ihren Erfolg selbst vorhersehen konnten, vermag die Band Oracles sicher nicht zu sagen. Fakt ist: Nach der Gründung im Jahre 2013 ging es im Steilflug aufwärts, auf die erste EP Stanford Torus (2014) folgten dutzende Auftritte auf Festivals, in den USA und ein Abstecher auf einen Bauernhof in Norddeutschland – dort wurde nämlich die Debüt-LP der Berliner und Kölner Band aufgenommen. Das Album nennt sich Bedroom Eyes und ist so verträumt, wie der Name es vermuten lässt.

Nachdem Oracles auf der ersten EP noch etwas kantiger ihren Hang zu Psychedelic Rock und Krautrock ausgelebt haben, wirkt das Debüt etwas glatter. Trotz do-it-yourself-Attitüde ist ein einheitliches, teils sogar eingängiges Werk entstanden, was die geneigten Fans dieser Truppe vielleicht erstmal stutzig werden lässt. Aber keine Sorge, Bedroom Eyes strotzt immer noch voller Psychedelic, Disco und 70er-Waber-Echo und ist längst nicht so abgerundet, wie man befürchten möchte.

Oracles haben live einiges drauf – auch Pete Doherty hat sich bekanntlich für die Musiker ausgesprochen – und das haben sie nun auf ein Album gebannt; dementsprechend beginnt das Album mit einem mehr als 5-minütigen Instrumentaltrack Lacerate Slowly. Natürlich hätten sie hier auf einen Höhepunkt hinarbeiten können, vielleicht ein kurzes Intro, um die Atmosphäre darzustellen? Fehlanzeige, direkt krautige Repetition mit Loops und sphärischen Chören. Es mündet in Constellations, das die Band song-orientierter zeigt. Eine klar definierte Liedstruktur mit interessanten Akkordfolgen und verspielten, zittrigen Lead-Synthesizern, die am Hörer vorbeizufliegen scheinen wie kleine Fantasiewesen. Die Gesänge erinnern fast ein bisschen an Damon Albarn zu seinen versöhnlichsten Blur-Zeiten, und auch ein bisschen DIIV und Real Estate kann man raushören.

Als Kontrast zu den funkig-treibenden und abgedrehten Stücken wie Thoughts Of Love On The Verge Of Sleep oder The Lethargy of Many stehen die ruhigen, schwebenden Stücke wie das wunderschöne Stunted, das in ganz neue Sphären entschwinden möchte und den Hörer liebend gerne mitnimmt. Spätestens hier fällt auch der sehr dynamische Sound der Aufnahmen auf; jedes Instrument sitzt an seinem Platz, die Drums klingen nach alten Soul- und Discoklassikern, richtig schön saftig und mit deutlich beissendem Snareteppich.

Genauso „oldschool“ (wenn man es so nennen möchte) klingt auch That Was I, und hier kommen wir definitiv beim Pop an. Psych Pop, wenn man so will. Das funktioniert wunderbar: That Was I fühlt sich an wie ein sonniger Sommertag im aufblasbaren Planschbecken, barfuß auf heißem Asphalt oder Wassereis im Cabrio - entspannt und unglaublich befriedigend. Das nicht endenwollende, repetitive letzte Drittel des Songs lässt dem Hörer Zeit, um in Tagräumereien zu entgleiten.

Bedroom Eyes kommt etwas zahmer rüber, als man es von den experimentierfreudigen Oracles erwartet hätte (mit Ausnahme des Heimorgel-Hits Chardonnay – Anspieltipp!), ist aber dennoch ein stolzes Debütalbum. Experimentiert wurde hier dennoch, vor allem im Arrangement der Songs, und das ist sowieso das wahre Highlight des Albums. Die Repetitionen und sporadischen unsauberen Gesänge muss man mögen oder dulden lernen – bei diesem stimmigen Gesamtpaket dürfte das aber auch nicht allzu schwer fallen.
(Sebastian Seifert | Campus FM)

RÜCKSCHAU

KW 35/2023
Slowdive Everything Is Alive
KW 34/2023
Genesis Owusu Struggler
KW 23/2023
Christine and the Queens ANGELS, PARANOÏA, TRUE LOVE
KW 06/2023
Young Fathers Heavy Heavy
KW 05/2023
King Tuff - Smalltown Stardust
King Tuff Smalltown Stardust

ARCHIV

WOCHE Künstler/Band NAME DES ALBUMS/SONGS MUSIKLABEL
KW 20/2019 Rosie Lowe YU Caroline
KW 44/2016 NxWorries Yes Lawd! Stones Throw
KW 27/2014 Luke Abbott Wysing Forest The Border Community
KW 28/2016 The Avalanches Wild Flower XL Recordings
KW 21/2015 Hot Chip Why Make Sense? Domino Records
KW 50/2017 Noel Gallagher’s High Flying Birds Who Built The Moon? Indigo
KW 29/2015 White Reaper White Reaper Does It Again Polivinyl
KW 15/2015 Young Fathers White Men Are Black Men Too Big Dada
KW 12/2018 Gengahr Where Wildness Grows Transgressive Records
KW 16/2019 Billie Eilish When We Fall Asleep Where Do We Go? Darkroom/Interscope Records