Albumcover.

Seit über 25 Jahren macht Omar Lyefook Soul- und Jazzmusik. In seinem achten Album wendet er sich jetzt dem Hiphop zu. Love In Beats ist seine eigene Interpretation des Genres und klingt nach einer verrückten Clubnacht – alles, dank seines Bruders.

Omar Lyefook braucht viel Zeit für seine Musik. Bei seinem letzten Album The Man waren es sieben (!) Jahre. Er hat die Songs selbst komponiert, die Texte dazu geschrieben, Instrumente eingespielt und gesungen sowie die Scheibe selbst produziert. Das dauert. Für den Nachfolger Love In Beats hat sich Omar „nur“ drei Jahre Zeit gelassen. Bei seinem achten Album hat er einiges aus der Hand gegeben oder outgesourcet. Die Beats produzierte diesmal sein Bruder Scratch Professor, der mit seiner Musik bereits einen Grammy gewonnen hat. Das Problem: Scratch Professor macht Hiphop-Beats und keinen Soul – eigentlich Omars Markenzeichen. Entstanden ist deshalb ein Soul-Album, dass zum Kopfnicken einlädt.

Hiphop in der Machart von Omar erinnert gerne mal an Snoop Dogg und Anderson .Paak, weil Omar wie die beiden mehr singt als rappt. Doch das sind nur kleine Parallelen. Hauptsächlich liefert der Südlondoner Künstler eine ganz eigene Inspiration des Genres. Diese hat mal eine funk-typische Basslinie, etwa in Feeds My Mind. Dann integriert Omar im Song This Way That Way Jazzelemente in Form eines Saxophons in die prägnanten elektronischen Beats seines Bruders. Sein Song Destiny erinnert durch leichte Trompetensounds und ein eindringliches Schlagzeug wiederum an Latin Music. Bildlich gesprochen klingt Love In Beats wie ein Club, in dem elektronische Beats aufgelegt werden, aber das Motto ständig wechselt – vom lateinamerikanischen Abend, zu 70s und so weiter.

Im Interview mit dem Magazin Jazzthing & blue rhythm sagt Omar, dass die Motivation war, sein Bassspiel melodisch klingen zu lassen, damit es nicht nur auf einer Note basiert, sondern in jedem Song wie ein eigener Tune klingt. In Gave My Heart dauert es zwölf Sekunden, bis sich die Beats von Omars Bruder mit seiner Bassgitarre vermischen. Das Resultat ist eine Aufforderung, sich sofort zu erheben, die Schultern abwechselnd anzuheben und dabei rhythmisch die Hüfte schwingen zu lassen.

Es ist überraschend, dass sich Omar Lyefook so lange ausschließlich eher ruhiger Soulmusik verschrieben hat. Für Love In Beats wurde er prompt nicht mehr nur auf BBC 6 Radio, dem britischen Spartensender für Jazziges, gespielt, sondern läuft auch auf BBC Radio 1xtra, wo sich Club-DJs wie Diplo und Grime-Rapper wie Skepta ablösen. Trotz seiner Kompositionen und Releases über die vergangenen 25 Jahre – sein Debüt There Is Nothing Like This erschien 1990 – bewegte sich Omar immer außerhalb des Mainstreams. Das dürfte sich mit Love In Beats endlich ändern. Den beschriebenen Kopfnicker-Schultertanz-Hüftschwung-Effekt löst Omar nämlich in den meisten seiner zwölf Albumtracks aus.

(Julian Beyer, eldoradio*)

 

____________
Der Silberling der Woche ist eine Kooperation der Campusradios
CT das radio, Campus FM und eldoradio* unter dem Dach der Campuscharts.
Daher findet ihr hier jede Woche eine Rezension zu einem besonders interessanten Album, wechselweise von den Musikredaktionen dieser drei Campusradios verfasst.
Checkt auch: www.silberlingderwoche.de

 

RÜCKSCHAU

KW 35/2023
Slowdive Everything Is Alive
KW 34/2023
Genesis Owusu Struggler
KW 23/2023
Christine and the Queens ANGELS, PARANOÏA, TRUE LOVE
KW 06/2023
Young Fathers Heavy Heavy
KW 05/2023
King Tuff - Smalltown Stardust
King Tuff Smalltown Stardust

ARCHIV

WOCHE Künstler/Band NAME DES ALBUMS/SONGS MUSIKLABEL
KW 47/2017 Sampa The Great The Birds and the Bee9 BIgdada
KW 46/2017 Liima 1982 City Slang
KW 45/2017 Yung Lean Stranger YEAR0001
KW 44/2017 Julien Baker Turn Out The Lights Matador
KW 43/2017 Sequoyah Tiger Parabolabandit Morr Music
KW 42/2017 Högni Two Trains Erased Tapes
KW 41/2017 Wolf Alice Visions Of A Life Caroline
KW 40/2017 Oscar And The Wolf Infinity Play It Again Sam
KW 39/2017 Sløtface Try Not To Freak Out Propeller Recordings
KW 38/2017 Action Bronson Blue Chips 7000 Vice Records