Albumcover.

Mit seinem ersten Album Whelm musste sich der Londoner Musiker Douglas Dare schon mit dem Pianokollegen James Blake vergleichen lassen. Jetzt kommt der Nachfolger Aforgerund zeigt, dass Dare auch locker auf eigenen Füßen stehen kann.

Für besonderes Textmaterial beim Songwriting für die neue LP sorgten zwei einschneidende Erlebnisse in Dares Leben: Das Ende einer langjährigen Beziehung und sein Coming Out gegenüber seinem Vater. Aforger behandelt diese Erlebnisse größtenteils dezent und erwachsen, wie etwa im entwaffnend-ehrlichen Oh Father. Über dem Klavier und dem gebrochenen Beat, die beide so typisch Dare sind, singt er direkt in Richtung seines Vaters, der mit der Lebensweise seines Sohns nicht so ganz zurecht kommt: “Oh Father / I want you to love him / as much as I do / for he is my lover / and son to you”. In einem Interview gibt Dare zu, dass vorherige Versuche, über diese Situation zu schreiben, scheiterten – die Texte waren einfach nicht gut genug.

Eine wichtige Regel für Dare war es, bloß kein reines Breakup-Album zu schreiben. Trotzdem beschäftigt sich Aforger mehrmals mit der Thematik und zieht dabei Bezug auf den Titel des Album: Aforger, von “a forger”, das ist jemand, der etwas erschaffen, schmieden, verändern kann; das trifft auch auf Gefühle und Erinnerungen zu. Im wunderschönen New Yorkstellt sich Dare die Fragen: “Was New York a lie? ... How can I believe after I’ve been deceived?”, und stellt damit seine Erinnerungen und Auffassung der Beziehung, bevor sie zerbrach, in Frage. Passend dazu zeigt das Musikvideo ein digitales Pseudo-New York, wie es sich mehr und mehr verzerrt und verändert, je mehr eine schemenhafte Abbildung von Dare es erkundet – wie Erinnerungen, die sich mit der Zeit verändern, je mehr wir uns in ihnen aufhalten. 

Neben den erdrückend schwerwiegenden Pianostücken wie Oh Father oder das unangenehme The Edge finden sich auch vereinzelte popähnliche Stücke auf AforgerVenus fühlt sich angenehm positiv an, mit einem fast tanzbaren Drumrhythmus und stakkato-ähnlichem Klavier. Fast synthpoppig kommt Thinking Of Him daherdas ohne Klavier auskommt – ein Überbleibsel von Dares Versuch, auf seinem zweiten Album alles anders zu machen. Alles mag nicht anders sein – Douglas Dare bleibt immer noch Douglas Dare. Trotzdem ist Aforger ein beeindruckendes Album, das verstörend ehrlich und wunderschön zugleich ist. 

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