Kaltenkirchen - Liebe auf dem Klavier

Wenn man bisher von Kaltenkirchen gehört hat, dann von dem 19.000 Seelen Dorf in Schleswig-Holstein. Ab sofort verbindet man damit aber Philip Maria Stoeckenius, denn der hat unter dem Künstlernamen Kaltenkirchen, benannt nach dem Heimatort seines Vaters, sein erstes Album released. Kaltenkirchen selbst stammt aus der Nähe von Stuttgart, studiert aber mittlerweile Musikwissenschaften in Wien.

 

Sein Genre nennt er Anti-Schlager. Kaltenkirchen bedient sich Schlagerelementen ohne aber die Banalität der Songtexte zu übernehmen. Auf der einen Seite liebt er den Schlager als Musikrichtung, hat aber eine Abneigung gegenüber der Schlager Community und den typischen Themen von Liebelei und Heimat. Textlich lässt er sich vor allem von Pop- und Gegenwartsliteratur inspirieren. Zwar geht es in „Liebe auf dem Klavier“ auch um Liebe, aber auf eine kühle, unromantische Art und Weise. Kaltenkrichen überwindet in seinen Songs die Grenze zwischen Kitsch und Punk. Der Sound geht in die Richtung von Drangsal, Boy Harsher oder FLUT, inspiriert von Falco, Nena oder Rammstein. Aber so richtig lässt sich der Stil von Kaltenkrichen nicht einordnen, weil jedes Lied anders klingt und durch verschiedene Genres beeinflusst wird. Einzig der für ihn typische Synthie-Sound zieht sich durch das Album.

 

„Liebe auf dem Klavier“ handelt von einer nächtlichen Bekanntschaft zweier Fremder, die schnell zum One-Night-Stand wird. Die eine Person ist so verzweifelt auf der Suche nach einer tiefen Verbindung, dass sie sich innerhalb von wenigen Momenten einredet, dass es sich um echte Gefühle handelt und nicht nur um bloße Triebe. Der Song beginnt ruhig mit dem Kennenlernen der beiden Fremden: „Du standest da in deinem roten Frottékleid / Direkt vor mir an der Bar“. Eine Zeile, die so auch in klassichen Schlagersongs vorkommen könnte. Allerdings endet die Geschichte nicht in der für Schlager typischen „Feel-Good-Atmosphäre“, sondern in Frust und purer Verzweiflung des Protagonisten. So ändern sich auch die Zeilen im letzten Refrain von „Denn wir machen Liebe bei dir auf dem Klavier“ in „Denn das war keine Liebe bei dir auf dem Klavier“.

 

Insgesamt ist „Liebe auf dem Klavier“ eine starke Single auf einem starken Debütalbum von Kaltenkirchen. Eine deutlich bessere und modernere Art von Schlager und völlig zurecht diese Woche unsere Zukunftsmusik.

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ARCHIV

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KW 47/2015 GoldLink Zipporah Soulection
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