Cover: Dean Blunt - Black Metal

Dean Blunt lieferte mit "The Redeemer" im vergangenen Jahr ein sehr einnehmendes Album ab, das an Eigenwilligkeit schwer zu überbieten war. Obwohl die Instrumentierung überschaubar blieb und nur vereinzelt elektronische Variationen durch die von Klavier und Gitarre dominierten Stücke schimmerten, wirkten die Kompositionen seltsam entrückt und enigmatisch, als hätte man eine drohende Apokalypse schon hingenommen. Was nicht zuletzt an vielen sakralen Einschüben, Anrufbeantworter-Interludes und der stoischen Kälte einzelner Stücke lag. Die ist zwar auch auf "Black Metal" nicht gewichen, doch vieles wirkt hier gegenüber dem Vorgänger produktionstechnisch ein wenig wärmer.

Der Anfang des überraschenderweise fast harmonischen, mit Streichern versehenen Openers "Lush" könnte durchaus von The War On Drugs stammen. Im ersten Drittel der Platte erwarten einen dann folgende Konturen: triste Gitarren-Riffs, ein mittelschnelles Schlagzeug und die unverkennbaren Spoken Words von Blunt, der auf dieser Platte gleich mehrfach die Folk-Sängerin Joanne Robertson verpflichtet hat, mit der er bereits Anfang des Jahres ein Mixtape aufgenommen hat. Auf "100" klingt das Duo ein wenig nach dem ziellosen Singsang von Velvet Underground und Nico, komatös auf dem Schlüsseltrack "X" und dann nahezu nihilistisch, fernab von jeder Emotion  und Regung auf "Molly Aquafina". "I aint worried about nothing" ist hier der zentrale, mehrfach wiederholte Satz, der nur von einer einzigen Akkustikgitarre begleitet wird.

Die Spoken Words von Blunt wirken zwar um Dimensionen unterkühlter und apathischer als beispielsweise die von Faithless. Doch für kurze Momente, wie dem bassdominanten "Punk", das fast groovig hätte ausfallen können, darf man schon fast von einer Gesangseinlage sprechen. Es ist Blunt hoch anzurechnen, dass er diesen Duktus aber nie aufhebt, sondern konsequent durchzieht. Indizien für mögliche Wendepunkten, sowie Spuren von Spannungsbögen oder gar Stimmungswechseln sucht man vergeblich. Das ist zum Teil kongenial, aber eben auch penetrant monoton. Und manchmal sogar beides gleichzeitig.

Doch zur zweiten Hälfte bricht die eher im Songsystem denkende Struktur ab, um den Briten von seiner anderen Seite zu präsentieren. Blunt, der sich auf dem Vorgänger deutlich sample-wütiger präsentierte, kann nämlich auch sehr verfrickelt basteln: "Forever" ist ein über 13 Minuten langes Konglomerat aus repetitiven Klavierklängen, Pad-Fetzen und Free Jazz in Form von schwermütigen Saxophonsoli im Background. Das scheinbar durch Synthie-Pads komponierte "Hush" bricht sogar für kurze Zeit mittendrin ab. Auf dem wirren "Country" scheint jemand seine Gitarre zu stimmen, es quietscht unentwegt, es wird gesägt, man hört ein enervierendes Feedback, dann mehrfach Lautstärker-Tasten eines MacBooks. Das erinnert an die Machart des Vorgängers, der einer innigen Versenkung in die Musik immer gewisse Grenzen setzte (auf dem Klavier getragenen "Brutal" hörte man etwa gelegentliches Husten und das Schnippsen eines Feuerzeuges).     

Was wollen diese Tracks nun vermitteln? Darüber kann so lange rätseln, wie über die Frage, inwiefern Blunt immer noch seiner Ex, der Elektro-Musikerin Inga Copeland hinterhertrauert, mit der er musikalisch als "Hype Williams" tätig war und inwiefern sich auch ein musikalischer Einfluss ihrerseits in seine Arbeitsweise eingeschlichen hat. Die Tracks des letzten Drittels unterbrechen jedenfalls die Trance der vorangegangenen, beziehungsweise machen jene dem Hörer auf diese Weise allererst überhaupt bewusst. Mit "Black Metal" dürfte sich Blunt so vielseitig und uneindeutig wie noch nie präsentieren. Melancholisch, aber nüchtern. Lethargisch, aber spannungsreich.

 

 

      

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