Zebra Katz - Ima Read
Weniger ist mehr? Nicht immer stimmt diese Redewendung, aber unser Track der Woche, „Ima Read“ vom New Yorker-MC Zebra Katz, nickt mit vollem Kopfeinsatz: Eine repetitive Phrase, ein minimalistischer Bass-Beat. Mehr nicht. Warum dieser doch sehr übersichtliche instrumentale Einsatz so wirkungsvoll ist, lässt sich kaum erklären. Ausgezogen bis auf die musikalischen Knochen, steht er im Nachfolge-Schatten der Beatmacher des Odd-Future-Kollektivs. Doch so hart, roh, kompromisslos sind selbst da bloß nur wenige Tracks. Und wo Tyler und Co gerne ins Pubertäre, Brachiale und Anfeindende abschweifen, verhält es sich bei „Ima Reading“ genau diametral. Hier wird solchen plumpen Gesten der Mittelfinger gezeigt.

Hinter Zebra Katz steckt der New Yorker Performancekünstler Ojay Morgan, der immer wieder in diese MC-Kunstfigur schlüpft, um kritische Statements der HipHop-Szene entgegenzuschleudern. Das hier ist ‚conscious rap‘ auf einer ganz neuen Ebene, die den typischen HipHop-Klischees den Kampf ansagt: „Reading“ ist aus der Gay- und Drag-Szene entlehnt und steht dort für symbolisch für intellektuelle Überlegenheit und pervertierte Machtverhältnisse. „Reading“ gilt als „die wahre Kunst der Beleidigung“, als eine subtile und fantasievolle Stichelei, die szenekonform erkannt wird, aber eben nicht offensichtlich dem durchschnittlichen Zuschauer. Und genau das steht im krassen Gegensatz zum drastisch-direkten Bashing des Mainstream-HipHops, das sich zudem oft gegen Schwule und Lesben richtet. Denn neben dem originalen Jamaica-Reggae gibt es wohl keine weitere musikalische Spielart, in der stets das latent homophobe Weltbild derart unhinterfragt weitergegeben wird.

In Kenntnis dieses Hintergrundes ist „Ima Read“ erst recht ein vielfach verwundener Rap-Track, der auf vielen Ebenen zeitgemäß und aktuell wirkt. Und der zudem, als wäre das alles nicht bereits wichtig und cool genug, den Klischeerahmen in einer eher wortwörtlichen Auslegung von ’reading’ auch noch auf Pornos und High-School-Filme verweisend überträgt – das Video sei Beweis genug. (mw)

RÜCKSCHAU

KW 15/2024
Morgan Harper-Jones Lose A Tooth
KW 11/2024
Thérèse No Right Time
KW 10/2024
Die neue Zärtlichkeit STRG+ALT+ENTF
KW 07/2024
MAIKA Little Lizard
KW 04/2024
Edgar Homeros Please Be Careful

ARCHIV

WOCHE Künstler/Band NAME DES ALBUMS/SONGS MUSIKLABEL
KW 11/2005 J.Viewz Your Country siehe Text
KW 24/2006 Peter Bjorn And John Young Folks siehe Text
KW 07/2016 Raff Alpha Young Buddha self
KW 13/2006 Midlake Young Bride siehe Text
KW 32/2014 Scott Bowley You Don´t Know Me none
KW 19/2011 Jean Grae You Dont Like It (So What) siehe Text
KW 35/2012 Astronauts, etc. You Can Yell siehe Text
KW 02/2006 Field Music You Can Decide siehe Text
KW 38/2016 Sauropod You And Me Should Leave Together Tonigh Popup
KW 06/2011 XXXY You Always Start It siehe Text