eldoradio*

Der Kopf raucht! Das Hemd mit dem unschönen blauen Füllfederhalterfleck im Revers muss in die Reinigung gebracht, der neue Kollege noch mit den nötigen Memos versorgt und die kistenweise Akten im Eilverfahren gescannt werden. Noch schnell den Blumenbringdienst vom Firmenhandy aus angerufen, um der schon fremd gewordenen Ehefrau zum 10. Hochzeitstag wenigstens eine kleine Freude zu machen - im Wissen, dass dieser Akt nur wie eine mäßig beschwichtigende Durchhalteparole wirkt. Denn zum Abendessen wird er es wieder nicht schaffen. Hastig wird jetzt schnell noch ein Kaffee vom überteuerten amerikanischen Coffeeshop geordert, bevor es schweißgebadet und fast schon zu spät in das nächste Briefing geht. Immer mehr Beraterfirmen werden konsultiert, wenn es um ein variables, aber etwas entlastendes Zeitmanagement geht. Wie schaffe ich mein tägliches Pensum, ohne dass ich als Mensch unverhältnismäßig zurückstehe? Viele Top-Manager zahlen für diese Erkenntnis horrende Summen, um dem völligen Burnout ein Schnippchen zu schlagen. Vielleicht sollte Alex Turner auch eine solche Agentur gründen, reich werden und die Füße höher legen? Vermutlich würde es ihn aber wohl innerlich förmlich zerreißen, wenn gerade jetzt sein Arbeitseifer, seine Arbeitswut, gebremst werden würde. Mit seiner Band, den Arctic Monkeys, zaubert er Hymnen in Serienproduktion aus dem Hut, die nicht nur auf dem Tanzflur prächtig aussehen. Zwei Alben binnen zwölf Monaten hatte er veröffentlicht, als er noch ein paar mehr Songs im Griffbrett seiner Gitarre gefunden hat. Mit Miles Kane von The Rascals stand auch schnell ein sympathischer Widerpart für seine Visionen parat und fortan wurde sporadisch zusammen gejammt, um festzustellen, dass irgendwann eine neue Band geboren ward. Wir dürfen vorstellen: The Last Shadow Puppets. Bereits im letzten Sommer ging es ins Studio, um dort die guten alten Zeiten wieder auferstehen zu lassen: Die Hochtage der englischen Popmusik. Beatles, Stones, Mersey-Beat und Sixties-Patina -all das findet man auch auf ihrer ersten Single, die stolz voranschreitet und mit einem dringlichen, fast militärisch strikten Marsch die Richtung vorgibt. Es ist der Schulterblick auf eine Zeit, deren originärer Klang inzwischen bisweilen eher für lange Gesichter sorgt. Erst recht, nachdem die Trendmaschine Anfang der 00er-Jahre für Retro-Pop im Überfluss gesorgt hat. „The Age Of Understatement“ ist eine jubilierende Hommage, die als Song und als musikalisches Augenzwinkern funktioniert und somit noch gerade ein letztes Mal von der Trendpolizei davon kommt, zumal sich James Ford (Simian Mobile Disco) für die Produktion verantwortlich zeichnet und Owen Pallet (Final Fantasy, Arcade Fire) die Orchesterarrangements schrieb. Bleibt nur zu hoffen, dass das Album ebenso ein Triumpfzug der Popmusik wird... Ach, und was macht Alex Turner eigentlich just in diesem Moment? Er spielt sich gerade in den USA für die kommenden Liveauftritte mit The Last Shadow Puppets warm. Wie soll es auch anders sein. Ganz nebenbei schreibt er gerade an ein paar neuen Songs für die Arctic Monkeys. Album Nummer drei soll Ende des Jahres im Laden stehen. (Markus Wiludda) "The Age Of Understatement" aus dem Album "The Age Of Understatement" erscheint am 21. April über Domino Records. Video: [http://www.theageoftheunderstatement.com/, "The Age Of Understatement"] | Label: [http://www.dominorecordco.com, Domino]