Wer graue Insekten, vor denen viele Menschen sich ziemlich ekeln, schon im Namen trägt, nimmt Wohlklang und Wohlbefinden wahrscheinlich nicht so wichtig. Der Beginn von MMOTHS' Debütalbum Luneworks bestätigt diese Vermutung erst einmal. Elektronische Töne zittert durch den Raum, Irrlichter flackern, die besagten Motten schwirren ihnen hinterher. Dabei bleibt der Opener You aber lediglich ein erster Einstieg und gibt nur einen kleinen Vorgeschmack auf das, was noch kommt.
Jack Colleran aus Dublin erschien bereits 2012 mit der MMOTHS EP auf der Bildfläche, 2013 folgte die EP Diaries. Wie auch sein jetzt erschienenes Album waren die EPs von ihm selbst und alleine geschrieben, produziert und eingespielt. Einsamkeit auf ganzer Linie also. Insofern ist die Frage nach den Gründen für die düstere Atmosphäre auf Luneworks schnell beantwortet.
Im Track Para Polaris wird die Stimmung ephemer und psychedelischer. Die Klänge wabern hin und her, Colleran nutzt seine Stimme nur instrumental. Wie so oft bei MMOTHS endet auch diese Nummer in einem Noise-Ausbruch und geht nahtlos in Verbena über, wo Pianoklänge eine der Hauptrollen übernehmen. Die Synthesizerwellen im Hintergrund nehmen die Soundatmosphäre nach und nach für sich ein und geben auch diesen Song letztendlich elektronischen Störgeräuschen preis.
Einen Monat lang schloss sich Colleran für zwölfstündige Nachtschichten bei einem Freund in Los Angeles ein, den er allein aus diesem Grund besuchte. Für eine unverstellte, möglichst wenig beeinflusste Songatmosphäre isolierte er sich so weit wie möglich und ließ sich von der nächtlichen Ruhe und Verlassenheit der Metropole Los Angeles inspirieren. Auch das leuchtet beim Hören ohne Weiteres ein. Eva klingt wie ein Klagelied an einen Menschen, der entweder zu weit entfernt oder generell nicht mehr erreichbar ist. Rudimente eines Songtexts sind hörbar, verständlich allerdings nicht – eine weitere Unterstützung für den psychedelischen, leicht weltfremden Sound.
Häufig zeigt MMOTHS' Mischung aus analogen und digitalen Klängen, Geräuschen und Rhythmen viele Merkmale neoklassischer Musik: Der progressive Songaufbau bei Body Studies oder der Song Lucid, der sich in Klavierschleifen á la Federico Albanese verliert. Jack Colleran präsentiert sich auf Luneworks damit deutlich vielseitiger in Sachen Komposition und Stimmung, als es erste Assoziationen und der Name MMOTHS vermuten lassen könnten. Was nach der zweiminütigen Störton-Orchestrierung am Albumende bleibt, ist ein diffuses Gefühl zwischen Einsamkeit, Unbehagen und dem Bedürfnis, sich ein weiteres Mal auf diese Suche nach der Essenz dieser Musik zu machen.
(Benedict Weskott | CT das radio)
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