Cover: Leo Hört Rauschen - Modern Modern

 

Wenn wir schon resignierten, kollabieren in dieser kranken Gesellschaft, dann doch bitte mit Kraft und ordentlich Krach! Leo Hört Rauschen liefern mit "Modern, Modern" ein Album voll düsterem Postpunk, der nur wirklich ganz selten noch Euphorie haucht und sonst eher vor Unterganzsszenarien und Melancholie schimmert.


Leo Hört Rauschen sind vier Typen aus Dresden, die gerade vier Jahre zusammen Musik machen. Die erste EP kam 2012. Das Ding hieß "1000 Jahre Freizeit" und kam noch ein klein wenig poppiger daher. Die absolute Düsterwelle schwappte dann mit einem Zufall in ihre Musik: Sie halfen bei der Inszenierung einer Theaterproduktion am Bauhaus in Dessau. Das kalte Gebäude beflügelte sie so, dass die Jungs kurz danach ihren Proberaum leer räumten, keine Chance für Deko mehr. Und mit der Leere kam der Feinschliff für ihre jetzige Musik.
"Modern Modern" legt zwar mit einem Disco-Beat los, aber der Opener "Hinterlassenschaften" dürfte wohl eher im kleinen Untergrundclub samt Dark-Wave-Fans und Boxhamsters-AnbeterInnen zum Ab-zappeln anregen, als in einer schmucken Indie-Bar mit fetzigem DJ. "Was wollen wir werden, wie wollen wir reifen" fragt Sänger Maik Wieden und ist damit schon beim zentralen Thema der Platte: Wo ist der Ausweg aus dem gesellschaftlich vorgegebenen Dasein, wo der Raum für Kunst, die persönliche Freiheit? Die Antwort im gleichen Song "Verlasst eure Häuser" erinnert stark an Duesenjaeger-Lyrik. Die Vorstellung, "wie ein Hamster im Laufrad" zu Enden, von Job zu Job zu hetzen und eigentlich doch nur Sicherheit zu wollen: Das absolute Grauen dieser Bands.
Was Leo Hört Rauschen mit diesem Album einzigartig macht, scheint die Kreativität und Experimentierfreude mit der sie sich an ihre Stücke wagen und die sie so herrlich unpunkig macht. Denn während man sich das "Modern Modern" im Track "Glassplitter" auch sehr schön schräg geschrien vom Turbostaat-Jan vorstellen könnte, würde selbiger wohl nur ungern zum knapp zehn-minütigen Instrumentalteil von "Salz" einfach mal die Klappe halten.


Leo Hört Rauschen können Stille, wabernde Töne und eben Rauschen einfach aushalten, bringen mit ihrer nicht zu gewollten Lyrik die Verwirrtheit unserer "Generation Y" immer wieder treffend auf den Punkt und schaffen mit Bass, Gitarre und Schlagzeug wozu andere gern jede Menge hippe Instrumente auf die Bühne schleppen. Sie machen Experimentierfreude auch für Drei-Akkord-LiebhaberInnen nachfühlbar. (Nele Posthausen)

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