Cover: Correatown - Embrace the Fuzzy Unknown

Veränderungen im Leben sind eine gruselige Angelegenheit. Wenn man plötzlich mit so viel Neuem, so viel Unbekanntem konfrontiert wird, erscheint es umso schwieriger, sich damit zu befassen. Angela Correa alias Correatown sagt mit ihrem neuem Dream-Pop-Album „Embrace The Fuzzy Unknown“ ganz deutlich: Gehe darauf zu, empfange das unklare Unbekannte - denn Veränderungen hatte Sie in den letzten drei Jahren zu genüge.

Inmitten von Tourneen und Aufnahmesessions für ihr 2014 erschienenes Album „Sleep And Other Drugs“ wurde Correa nicht nur Ehefrau, sondern auch Mutter. Leichtgläubig plante sie, kurz nach der Geburt ihrer Tochter und nach dem Release von „Sleep …“ im Oktober letzten Jahres ein weiteres Album zu veröffentlichen, welches die aufregenden und beängstigenden Veränderungen in ihrem Leben reflektieren könne; das Material dazu war da. Doch dann entschied sie sich dazu, vorrangig Mutter zu sein. Mit ein bisschen Distanz und doch so mitten drin in den Veränderungen begannen wenig später die Arbeiten am Album mit dem Musiker und Produzenten Dan Long, der bereits mit den Yeah Yeah Yeahs und TV On The Radio gearbeitet hat. Zusammen erzeugten sie ein Album, das verspielter erscheint als Correas vorherige Werke.

Als erster Song der Platte scheint „Eyes To The Sky“ die Richtung vorzugeben: Treibend stolziert das Stück mit versetzten Snare-Schlägen und knackigen Synthesizerriffs durch die Boxen und ruft den Hörer dazu auf, seinen Freunden und Liebhabern zu verfallen. Der aufbäumende Refrain kontrastiert den taktvollen Strophen und der dezenten Bridge, die durch freudige Handclaps akzentuiert wird. Das ist feiner Indie-Pop – Correas Stärke zeigt sich jedoch im Dream-Pop, etwa beim Stück „True North“. Ein dichter Synthie-Teppich unterlegt Correas klaren, mehrstimmigen Gesang, während ein filigraner Synthie-Arpeggio im Hintergrund kaskadiert. Sowieso scheint sich jedes Instrument und jeder Raumhall um Correas zuckersüße Stimme herum aufzubauen; ihre harmonischen Duette mit sich selbst geben den Liedern mehr Gewicht, als jedes Instrument beitragen könnte. Das wunderschöne „Longshot“ ist ebenfalls ein Paradebeispiel dafür, gerade der langgezogene Refrain geht runter wie süßer Sirup. Begleitet von halligen Gitarren, die auf einem Singer/Songwriter-Album nicht verkehrt werden, besingt Correa die Aufgabe materieller Reichtümer, um seinen Träumen zu folgen – ein Schlachtruf für unentschiedene Träumer, doch Correa merkt an, wie unwahrscheinlich und schwierig es ist, Taten sprechen zu lassen: „Give it all away, give it all away – what a longshot“.

Bisher haben wir uns im fröhlichen Pop-Bereich des Dream-Pops aufgehalten haben; hier ist „Embrace The Fuzzy Unknown“ zu vergleichen mit Feist oder sogar Regina Spektor. Kern und Erkennungsmerkmal von Correatown sind jedoch die tragend-etherischen Dream-Vertreter, wie etwa „Bonfires“. Ein sanftes Klavier schwebt durch den Raum, zu dem sich Correas Falsett gesellt – wer Correatown kennt, zieht Parallelen zu ihrem Hit „All The World (I Tell Myself)“, der es in mehrere Filme und Serien geschafft hat. Hier geht es jedoch weniger folkig zu, gerade Tracks wie „My Girls“ mit seinen himmlischen Chören und das dezent düstere „All Horizon“ setzen auf elektrische, spärlich eingesetzte Drums, viel Raumhall und Synthie-Arpeggios. Dennoch klingt nichts auf-, sondern eher eindringlich; es wirkt ein bisschen wie Warpaint mit weniger Shoegaze und mehr Lust nach Harmonie.

Correatown geht mit ihrem neuen Album tief unter die Haut. Wunderschöne Melodien, kombiniert mit Texten, die abrechnen oder willkommen heißen, gesungen von einer wohlig empathischen Stimme – „Embrace The Fuzzy Unknown“ macht es einfach, sich dem Unbekannten im Leben entgegenzustellen, verurteilt aber niemanden, der sich einfach mal in die Ecke verkriechen möchte. Beides funktioniert mit diesem Album ganz hervorragend. (Sebastian Seifert | Campus FM)

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